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Begleitmaterial zum Kolping-Film

Der Bayerische Rundfunk hat den Dokumentarfilm „Kolping“ in Auftrag gegeben, der von der Redaktion für Zeitgeschichte begleitet wurde. Robert Atzorn spielte die Hauptrolle. Zu diesem Film wurde Begleitmaterial für den Schulunterricht herausgegeben:

 

1849/50

 

Inhalt

Im Jahr 1849 erreicht Kolping seine Versetzung als Domvikar nach Köln. Nach der erfolgreichen Gründung eines Gesellenvereins in Köln beginnt für Kolping eine rastlose Reisetätigkeit in ganz Deutschland; fast alle wichtigen Städte - auch in Österreich und der Schweiz - werden besucht, und überall werden von Kolping Gesellenvereine gegründet. Kolping erkennt instinktiv die Presse als das Medium und Massenkommunikationsmittel seiner Zeit und arbeitet publizistisch als Schriftleiter und Herausgeber eines mit hoher Auflage sehr erfolgreichen Wochenblatts und eines Volkskalenders.

Selbst von Papst Pius IX. wird Kolpings Arbeit anerkannt und gefördert. Im Lauf der Jahre hat Kolping auch einflußreiche Feunde gefunden, die in ganz Deutschland sein Werk fördern. Die Gründung der Gesellenvereine ist eine Forderung der Zeit - die rasche Ausbreitung und der Erfolg der Gesellenvereine ist eine Folge der sozialen und politischen Zeitumstände.

 

Fakten zum Thema

Um die Jahreswende 1847/48 verschärften sich die politischen und sozialen Spannungen in Deutschland. Die sog. "Märzforderungen" zielten vor allem auf Pressefreiheit, Schwurgerichte, konstitutionelle Verfassungen in den Einzelstaaten und die Einberufung eines deutschen Parlaments. Die Pariser Februarrevolution führte zu den Märzaufständen in Berlin und Wien.

In Deutschland verstärkte sich nach der Wirtschaftskrise des Jahres 1846 Arbeitslosigkeit bei den Industriearbeitern, und eine Mißernte brachte Teuerung und Lohnverfall. Es kam zu Hungerdemonstrationen, Unruhen und zu bewaffneten Aufständen, getragen von Arbeitern, Bauern, Bürgern und Studenten. Die Regierenden der deutschen Staaten sahen sich gezwungen, Konzessionen einzuräumen. Am 18. Mai 1848 wurde schließlich die gewählte Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche eröffnet. Von Juni bis September 1848 wurden in leidenschaftlichen Parlamentsdebatten die "Grundrechte des Deutschen Volkes" diskutiert, die dann am 27. Dezember 1848 verabschiedet wurden. Auch eine deutsche Verfassung wurde in der Paulskirche ausgearbeitet, doch zur Einsetzung und Durchsetzung der Verfassungsrechte fehlte der Nationalversammlung jede reale Macht. Regionale Putschversuche und die Abspaltung Österreichs entzogen einem großdeutschen Einheitsstaat die Basis. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die von der Nationalversammlung angetragene erbliche Kaiserwürde eines kleindeutschen Nationalstaates ab und sprach sich gegen die auf revolutionärem Weg zustande gekommene Volksvertretung sowie gegen die schon von 28 Regierungen anerkannte Reichsverfassung aus.

Ende 1848 hatten sich gegen regionale revolutionäre Aufständische die reaktionäre Kräfte des Deutschen Bundes durchgesetzt. Das Werk der Frankfurter Paulskirche war gescheitert. Doch die politische Entwicklung der vierziger Jahre des 19. Jahrhundert mit der Revolution von 1848 - vor allem die preußische Verfassung von 1850, die auf dem Entwurf der Frankfurter Nationalversammlung basierte - brachte die Voraussetzung für die sozialpädagogischen Initiativen Adolph Kolpings.

Es war nun allen Staatsbürgern das Recht garantiert, sich frei zu versammeln, sich zu Gesellschaften und Vereinen zusammenzuschließen und die eigene Meinung frei in Wort und Schrift zu äußern (Art. 27 bis 30 Preußische Verfassung). Den Kirchen und Religionsgemeinschaften wurde die Freiheit zugesprochen, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen (Art. 15 bis 16 Preußische Verfassung). Obwohl diese Rechte noch sehr eng ausgelegt wurden und außerhalb Preußens noch nicht in allen deutschen Ländern verfassungsmäßig verankert waren, trafen sich 1848 zum ersten Mal alle deutschen Bischöfe zu einer gemeinsamen Versammlung in Würzburg, um gemeinsame kirchenpolitische Richtlinien und Maßnahmen zu besprechen. In Preußen erlebte die Kirche und das kirchlich-"unpolitische" Vereinswesen aufgrund der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten einen beispiellosen Aufschwung. Mit dem Jahr 1848 begannen auch die Generalversammungen der katholischen Vereine Deutschlands, aus denen die bis heute stattfindenden "Katholikentage" erwuchsen.

Für Kolping war unter diesen Vorzeichen der Abschied von seiner Seelsorgestelle und seinen Gesellen in Elberfeld eine "politisch" motivierte und kalkulierte Entscheidung. Er bewarb sich mehrmals beim Kölner Erzbischof um eine Stelle in der Stadt Köln, denn nur von dort aus sah er die Möglichkeit gegeben, seine Idee von der weiteren Gründung örtlicher und regionaler Gesellenvereine zu verwirklichen. Am 15. März 1849 wurde ihm dann endlich die Stelle eines Domvikars an der Hohen Domkirche zu Köln übertragen. Bei der Abschiedsfeier in Elberfeld wurde Kolping mit den Worten entlassen: "Mit dem schönen Namen 'Vater' begrüßen wir Dich heute in dieser Abschiedsstunde ... Das Glück, daß wir hier genießen, soll nun auch anderen zuteil werden. Neue Brüder werden wir erhalten."

Das Wort vom "Gesellenvater" war geboren. Und Kolping verabschiedete sich mit den Worten: "Ich gehe mit fröhlicher Hoffnung, ein Vaterhaus zu eröffnen allerwege für Euch und Euresgleichen. Gött stärke meine schwache Kraft und gebe meinem Wirken Gedeihen."

Die Stelle als Domvikar, die Mitarbeit in der Seelsorge, im Religionsunterricht und im Predigtdienst und die Begleitung des Weibischofs und Generalvikars Dr. Baudri auf dessen Visitationsreisen in die Pfarreien lasteten Kolping nicht so aus, daß er nicht sofort sein für ihn wichtigstes Vorhaben verwirklichen konnte: die Gründung eines Gesellenvereins in Köln .

Zwei Priesterkollegen, der Religionslehrer Dr. Vosen und der Kaplan Necker, standen Kolping tatkräftig zur Seite, so daß am Sonntag, den 6. Mai 1849, in der Kolumbaschule zu Köln die Gründungsversammlung des ersten Kölner Gesellenvereins abgehalten werden konnte - zur großen Enttäuschung Kolpings fanden sich aber nur sieben Gesellen ein. Doch Kolping ließ sich nicht entmutigen, und nach einem halben Jahr zählte der Verein am 1. Januar 1850 bereits 550 Mitglieder. Für Adolph Kolping aber begann nun eine Zeit rastlosen und energiegeladenen Arbeitens und beeindruckender Erfolge. Er setzte eine Flut von Maßnahmen - gegen viele Mißverständnisse und Widerstände - in Bewegung. Er konferierte, führte einen umfangreichen Briefwechsel mit Persönlichkeiten und Freunden in ganz Deutschland, predigte, hielt Reden, war Autor, Schriftleiter und Herausgeber, Vereinspräses und als Domvikar Seelsorger, der völlig selbstverständlich bei einer Choleraepidemie in Köln im Jahr 1849 im Bürgerhospital bei der Krankenpflege mitarbeitete.

Sein priesterlich-seelsorgliches und gesellschaftspolitisches Wirken wurde von einflußreichen Freunden, die er sich gewonnen hatte, begleitet und gefördert: dem Religionslehrer und Publizisten Dr. Christian Vosen, dem Kölner Großkaufmann Peter Michels - einem finanziell und gesellschaftlich potenten Förderer und Freund Kolpings und seines Gesellenvereins - und dem Kölner Weihbischof Dr. Baudri.

Nach dem Beispiel in Köln entstanden in rascher Folge Gesellenvereine in Düsseldorf, Aachen, Bonn, Essen, Krefeld, und an weiteren Orten.

Im Herbst 1850 schlossen sich die Gesellenvereine von Elberfeld, Köln und Düsseldorf zum "Rheinischen Gesellenbund" zusammen. Es folgten Vereinsgründungen in Münster, Hildesheim und Mainz. Im Herbst 1851 sprach Kolping, der inzwischen ein gefragter Redner war, auf der Generalversammlung der katholischen Vereine Deutschlands in Mainz über die Gesellenvereine. Diese Mainzer Rede war für die weitere Ausbreitung der Gesellenvereine in ganz Deutschland von entscheidender Bedeutung.

Mit Weitblick und sicherem Instinkt erkannte Kolping früh die Presse als das Medium und Massenkommunikationsmittel der Epoche. Von 1850 bis 1854 redigierte und schrieb er für das "Rheinische Kirchenblatt", das als Wochenschrift mit einer Beilage für die Bildungsarbeit in den Gesellenvereinen ausgestattet war.

Am 1. April 1854 gründete Kolping eine eigene unabhängige katholische Wochenschrift, die "Rheinischen Volksblätter", die bald eine für damalige Verhältnisse hohe Auflage von 6200 Exemplaren erreichte. Schon 1850 brachte Kolping auch jährlich einen "Kalender für das Katholische Volk" heraus, für den er als "Volksschriftsteller" bis zu seinem Tod verantwortlich zeichnete und der eine Auflage von 14 000 Exemplaren erreichte.

Neben einem erdrückenden Arbeitspensum brachte die Arbeit als Herausgeber und Publizist vor allem aber die finanzielle Absicherung und Unabhängigkeit seines Werkes - auch von der Kirche.