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Am 18. September 1917 wählte ihn die Kölner Stadtverordnetenversammlung ohne Gegenstimme zum damals jüngsten Oberbürgermeister der Stadt Köln und damit gleichzeitig zum jüngsten Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt überhaupt. Das Amt versah er bis 1933 und erneut für einige Monate des Jahres 1945. Adenauer war Parteivorsitzender der CDU von 1950 bis 1966. Als Präsident des Parlamentarischen Rates sowie als erster Bundeskanzler und Außenminister der Bundesrepublik Deutschland prägte er eine ganze Ära.
Ansprache des deutschen Bundeskanzlers aus dem Palais Schaumburg (Bonn) an die deutschen Kolpingssöhne, 14.7.1953:
Meine lieben Kolpingssöhne! Uns Kölnern und Ihnen allen draußen in den deutschen Landen, die Sie zur Kolpingsfamilie gehören, ist das Grab in Minoriten ans Herz gewachsen. Es ist das Grab des Gesellenvaters Kolping, des weit blickenden, tief religiösen Gründers Ihrer Bewegung. Ich habe vor langen Jahren mich oft mit Verwandten unterhalten und von ihnen erzählen lassen über ihn, mit dem er oft im Hause verkehrt hat. Ich habe das stille Grab in Minoriten früher oft besucht. Immer wieder fühlte ich mich stark angezogen von dieser einzigartigen Persönlichkeit, diesen sozialen Lehrmeister auch für unser Jahrhundert.
Adolph Kolping hatte wirklich seine Hand am Puls der Zeit und erkannte ihre Nöte. Sehr früh war ihm klar, dass eine hemmungslose Industrialisierung eine soziale Verelendung mit sich bringen müsste. Er begann seinen Weg in der gleichen Stadt und in der gleichen Zeit, da Karl Marx seinem Jahrhundert einen Irrweg zeigte. An den Ergebnissen beider Lehren lässt sich das erkennen.
Ich muss sagen, zu unserem Schrecken haben wir erlebt, wie in den letzten 50 Jahren die Nichtbeachtung der Ideale Adolph Kolpings zu einer zunehmenden Zerrüttung der Familien und im Staatsleben geführt hat.
Das Programm Adolph Kolpings ist lebendig und reich geblieben. Es ist auch heute noch im wahren Sinne des Wortes zeitgemäß. Kein Jota braucht geändert zu werden. Denn Adolph Kolping hat seine Schüler immer wieder auf die Fundamente des menschlichen Lebens, auf die Religion, die Familie, den Beruf und den Staat hingewiesen. Das Natürliche, das Ursprüngliche, das nicht künstlich Konstruierte erwies sich auch hier wieder als das Echte und Dauerhafte. Das Kolpingwerk braucht keine Revision.
Adolph Kolping hat die Religion zur Grundlage des Daseins gemacht. Diese Lebenshaltung und Lebensgestaltung sind es, die nach seiner Meinung aus der Bindung an Gott den Gläubigen einen offenen Blick und dein offenes Herz für die Mitmenschen gewinnen lassen. Er wandte sich gegen den Nihilismus, der ja letztlich nur aus dem Verlust jeder echten Lebensgrundlage und Lebenssicherheit entsteht, gegen die Unordnung auf allen Gebieten. Er wandte sich gegen die hoffnungslose Unwahrhaftigkeit und Angst. Er ruft auf zu einem unerschütterlichen Gottesglauben, er erkannte und lehrte, dass die Religion sich nicht als Teilgebiet des menschlichen Lebens behandeln lässt, sondern die Grundlage aller Lebensgebiete ist und bleibt. Religion ist das Mark allen menschlichen Tuns, lautet einer seiner Aussprüche. Auf dieser Grundlage gilt es den Übeln unserer Zeit zu begegnen: Dem Geist der Verwirrung, der politischen Gleichgültigkeit, der sittlichen Verwilderung, dem Mangel jeder festen Überzeugung, der Dämonie der Technik, der Aufspaltung der Menschen in Klassen, Nationen und Großmächte und dem Verhängnis der totalitären Idee. Kolping erkannte, dass eine Kultur, die sich auf das Diesseits beschränkt, banal und leer bleiben muss. Er fordert keine Revolution, sondern Religion, d.h. die Bindung an eine anerkannte und ewige Ordnung.
Ein zweites Fundament sah der Gesellenvater in der gesunden Familie. Wer der Familie hilft, hilft dem Volk, war eines seiner Worte. Zum Begreifen und zur Anerkennung dieser Wahrheit muss die heranwachsende Jugend in Schule, Kirche und Verbänden konsequent erzogen werden. Sie muss die Verantwortung und innere Bindung spüren lernen, ohne die alle äußeren Sicherungen, die der Staat geben kann, auch wirtschaftliche Familienhilfen, umsonst sind. Diese Familienarbeit birgt das Streben nach Selbsthilfe in sich. Sie erwartet nicht alles Heil vom Staat. Vor allem ist und bleibt die Familie und das Elternhaus an erster Stelle für die Kindererziehung verantwortlich. Nach dem Programm Adolph Kolpings soll der junge Mensch sich in seinem Beruf die Grundlage zum späteren Familienvater schaffen. Er soll in seinem Beruf ein Meister werden, d.h. er soll die ganze Fülle seiner geistigen und fachlichen Anlagen entfalten lernen. Gerade das müsst Ihr, meine lieben Kolpingssöhne, von Jugend auf lernen. Nützt eure Zeit für den späteren Existenzkampf.
Die Soziale Marktwirtschaft, die Deutschland aus einem Wirtschaftschaos ohnegleichen heraus geführt hat, ist nicht auf einem Wunder aufgebaut, sondern auf der beruflichen Leistung, der persönlichen Initiative, auf dem echten Pioniergeist des deutschen Arbeiters und Unternehmers in Handwerk, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft.
Auch in seiner Arbeit darf aber der Mensch niemals zum Werkzeug werden, er darf niemals zur mechanisch arbeitenden Maschine wie in den totalitären Staaten herabsinken. Dem Staat, dem Volk und Vaterland unserer jungen Demokratie und Bundesrepublik ist mit Menschen, die nur Sklaven sind, nicht gedient. Vater Kolping war ein kluger, politische Kopf. Er sah im Volk die große Familie, die Familie selbstständiger, selbst verantwortlicher, politisch denkender und handelnder Menschen. In den Reihen eines solchen Volkes ist kein Raum für die Ohne-mich-Rufer aller Schattierungen. Auch eine politische Abkapselung ist nicht möglich. Die Demokratie, die in unserem Deutschland nun schon zum zweiten Mal ohne ihre Schuld ein besonders hartes Erbe angetreten hat, muss uns allen Herzenssache werden. Wir müssen die politischen Grundlagen, das politische Leben kennen lernen, um mitarbeiten zu können. Wer sich vor der Entscheidung drückt, hat auch kein Recht zur Kritik. Es liegt an unserer Mitarbeit, dass unsere demokratische Republik die wahre politische Heimat unseres ganzen Volkes wird. Wir müssen unseren Staat in Schutz nehmen gegen die Dummheit und Unvernunft der Katastrophen-Politiker von gestern, wir müssen ihn verteidigen gegen die rote Gewalt von heute.
Es ist ein schönes Zeichen, dass so viele aktive Kolpingssöhne heute wieder aktive Politiker und Parlamentarier auf allen politischen Ebenen sind. Ihr, meine lieben jungen Kolpingssöhne, seid der Nachwuchs! Nutzt eure Zeit! Arbeitet an euch selbst! Vertieft euer Wissen und Können, damit Ihr eines Tages die euch gestellten Aufgaben übernehmen könnt.
Wenn Adolph Kolping einmal sagte, dass man eine bessere Zukunft sich selber erziehen müsse, so gilt das besonders von der europäischen Zukunft, der wir entgegenstreben. Auch hier mitzuhelfen, sind die Kolpingssöhne aufgerufen. Baut also euer Leben im Kleinen wie im Großen, in Hingabe, Treue und Eifer zur Sache Kolpings.
Mit Kolpings Worten rufe ich Euch zu: Brüder, rüstig ans Werk! Die Zeit fordert Großes von uns. Mitten in die Bewegung der Zeit bauen wir ein Haus des Friedens, und Gottes Segen wird darin walten. Treu Kolping!
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