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Der Prozess der Seligsprechung

Kurzer geschichtlicher Rückblick

Am 8. Dezember 1813 wurde Adolph Kolping als Sohn eines Schäfers in Kerpen bei Köln geboren. Nach dem Besuch der Volksschule mußte der begabte Schüler wegen der bescheidenen Möglichkeiten des Elternhauses eine Schuhmacherlehre beginnen. Nach mehrjähriger Berufstätigkeit entschloß er sich zum Theologiestudium. Nach Abitur und Studium in Köln, München und Bonn wurde er 1845 in Köln zum Priester geweiht und Kaplan in der Industriestadt Wuppertal. Seit 1847 arbeitete er auch als zweiter Präses eines von Johann Gregor Breuer gegründeten Gesellenvereins. Dieser Verein entstand aus einer Laieninitiative. Die erfolgreiche Arbeit dieser katholischen Erziehungs- und Bildungsgemeinschaft veranlaßte Kolping, 1849 einen weiteren Verein in Köln zu gründen und damit den Grundstein für eine heute weltweite Bewegung zu legen, das Internationale Kolpingwerk. Die gleichzeitige Ausübung von drei Berufen im Dienste der Kirche (Domvikar, Generalpräses und Journalist) und die schon von Jugend an labile Gesundheit rieben den Mann auf. Bei seinem Tode am 4. Dezember 1865 hinterließ er eine Gemeinschaft von 24 000 Mitgliedern in fast 400 Orten. Kolpings Grab in der Kölner Minoritenkirche ist seit seiner dortigen Bestattung das Ziel vieler Wallfahrer aus aller Welt.

Schon zu Lebzeiten Kolpings ging von seiner Person eine Spiritualität aus, die bis heute bei den Mitgliedern und Kolpingsfamilien erhalten geblieben ist. So war es nicht verwunderlich, daß der Gedanke aufkam, für Adolph Kolping den Seligsprechungsprozeß einzuleiten. Den ersten Anstoß gab am 8. August 1906 sein langjähriger Vertrauter und Freund, der Erzbischof von Wien, Anton Josef Kardinal Gruscha. Die Wirren des Ersten Weltkrieges lähmten die Aktivitäten zur Einleitung des Verfahrens enorm.

Mit den sehr bescheidenen finanziellen Mitteln und den sehr eng begrenzten Forschungsmöglichkeiten der Nachkriegszeit wurde nun seit 1928 Weiterarbeit an dem Prozeß betrieben, bis die Arbeit der kirchlichen Behörden im Dritten Reich stark eingeschränkt wurde und fast zum Erliegen kam. Erst am 10. Oktober 1950 wurde in Rom der Informativprozeß eröffnet. Am gleichen Tage wurden die Prozesse "Super non cultu" und "Super scriptis" ebenfalls eröffnet. Am 1. März 1955 erfolgte das „Decretum approbatum scriptorum". Mit der "Positio super scriptis" war dieser Teil des Prozesses abgeschlossen. Die von dem Kölner Gericht eingereichten Prozeßunterlagen erfüllten nicht die Anforderungen der Ritenkongregation. Die "Copia Publica" dieses ersten Prozesses liegt in Rom vor.

Am 8. November 1972 wurde durch Kardinal Höffner, dem Protektor des Internationalen Kolpingwerkes, eine Historische Kommission zur Erarbeitung der Prozeßunterlagen für einen Historischen Prozeß eingesetzt. Diese Historische Kommission wurde geleitet von Prälat Prof. Dr. Theodor Schnitzler, der noch Erfahrungen aus dem Diözesanprozeß beisteuern konnte. Sie arbeitete ehrenamtlich und trug wichtiges, auch bisher nicht bekanntes, Material für den nun in Rom zu führenden Prozeß zusammen. Mit der Erarbeitung der einzelnen Prozeßteile (Schriftenprozeß, Prozeß über Lebenswandel und Tugendgrad des Dieners Gottes Adolph Kolping) sowie die "Informatio" (Einleitung der Prozeßakte) wurde der Archivoberrat des Erzbistums Köln, Herr Dr. Hans Joachim Kracht, durch Kardinal Höffner beauftragt.

Am 24. Februar 1987 hat die Historische Kommission der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechung ihr positives Votum über die "Positio causae" abgegeben. Damit ging der Prozeß in die zweite Instanz, in die Theologische Kommission. Diese hat am 22. Juli 1988 einstimmig ihre Zustimmung begründet. Am 22. April 1989 hat die dritte und letzte Kommission, die Kardinalskommission in Rom, ebenfalls einstimmig ihr positives Votum abgegeben. Daraufhin konnte der Heilige Vater am 13. Mai 1989 das Dekret über den heroischen Tugendgrad verkünden, d.h., daß gegen die Verehrung Adolph Kolpings nun nichts mehr einzuwenden ist.

Der Wunderprozeß

Für die Seligsprechung ist auch der Nachweis zweier Wunder erforderlich, die der Fürbitte Adolph Kolpings zugeschrieben werden. Kardinal Höffner hat eine Kommission eingesetzt, unter der Leitung von Pater Prof. DDr. Paul Zepp SVD, um die vorliegenden Heilungsberichte zu prüfen. Für die medizinische Bewertung konnten international anerkannte Mediziner gewonnen werden.

Nach der Anerkennung der Glaubwürdigkeit einer übernatürlichen Heilung durch die diözesane Kommission sind die gesamten Akten von einem medizinischen Gremium in Rom erneut überprüft worden, womit nach dem Kirchenrecht erst nach der Verkündigung des heroischen Tugendgrades begonnen werden durfte. Am 24. Januar 1990 haben die fünf Mitglieder des römischen Ärztegremiums einstimmig geurteilt: Die extrem rasche, vollständige und dauerhafte Heilung ist aufgrund unserer wissenschaftlichen Kenntnisse nicht erklärbar. Daraufhin hat die Theologen-Kommission auf ihrer Sitzung "super miro" am 18. Mai 1990 die wesentliche Gültigkeit der juridischen und theologischen Beweise anerkannt und den Zusammenhang - in der strikten Verbindung von Ursache und Wirkung - zwischen den Anrufungen des Dieners Gottes, Adolph Kolping, und dem wunderbaren Ereignis der Heilung festgestellt. Am 23. Oktober 1990 hat die Kardinalskommission das Urteil der Theologen bekräftigt. Mit der Promulgation des Dekretes über den Wunderprozeß am 22. Januar 1991 hat der Heilige Vater den gesamten Seligsprechungsprozeß Adolph Kolpings abgeschlossen. Die Seligsprechungsfeier ist auf Sonntag, den 27. Oktober 1991 in Rom festgelegt worden.

Aus: Adolph Kolping. Ein Leitbild für unser Leben. Herausgegeben vom Internationalen Kolpingwerk und der Erzdiözese Köln, Freiburg 1991